The World of Jean Paul Gaultier

THE ONE

GRAND SHOW

costumes by jean paul gaultier

6 Oktober 2016 – Juli 2018
Friedrichstadt-Palast – Berlin

EXPOSÉ

Vergangene Woche besuchte ich den Friedrichstadt-Palast in Berlin, um mich von der „THE ONE Grand Show“ in eine Traumwelt mitreisen zu lassen. Die Handlung des Revuetheaters folgt keinem gewöhnlichen Handlungsstrang, sondern fokussiert sich auf ein künstlerisches Konzept, welches auf einer Traumvision beruht, an der ich euch nun Teil haben lassen möchte.

ZWISCHEN VERGANGENHEIT UND GEGENWART

Für die Gestaltung der Kostüme arbeitete der Palast mit dem Modedesigner Jean Paul Gaultier zusammen, der 500 außergewöhnliche, provokante und einzigarte Entwürfe für das Theater umsetzte. Gaultier´s Gespür für das Extreme und sein spezieller Sinn für Haut Couture, machte sich bereits in der ersten Szene bemerkbar. Die Show wurde mit einem bunten Farbenmeer aus Tänzern und Darstellern eröffnet und dazu mit Musik und Gesang begleitet, welche mich in eine Clubszenerie versetzten.

Aus der Menge kristallisierte sich ein Darsteller heraus der eine schwarze Lederjacke mit Stiefeln und roten Schottenrock trug. Benommen und irritiert, gerade zu wie in einer Art Trance, versuchte er seine Umgebung wahrzunehmen. Nach und nach reflektierte, dass er sich in einem verlassenen Revuetheater befindet, welches durch eine Undergroundparty wieder zum Leben erweckt wurde. Die Sängerin nimmt in dem Stück die Rolle der ehemaligen Direktorin ein und beschreibt in ihren Liedern die Zeit aus vergangenen Tagen, als das Theater noch existierte. Der Mann mit dem Schottenrock, als der „Suchende“, schwankt auf sentimentale Weise zwischen Vergangenheit und Gegenwart mit dem Verlangen umher, das jeden von uns bewegt: Das Finden DES EINEN Menschen in unserem Leben, der mit uns den Weg beschreiten möchte – Die Suche nach THE ONE.

Verzaubert von dem Ort des Geschehens tritt der Suchende immer wieder in Kontakt mit den umgebenden Gästen, die mich mit ihren akrobatischen Kunststücken ins Stauen gebracht haben und tief bewegten. Besonders gefielen mir zwei Tänzerinnen mit blonden Haaren, die auf einer Schaukel wie zwei Grazien elegant und mit einer sanften Leichtigkeit in der Luft „tanzten“.

Ein typisches Merkmal des Designers ist es die weiblichen Reize in Szene zu setzen. Seine Skizzen und die späteren Kostüme zeigen hier Tänzerinnen mit schwarzen Netzstrumpfhosen Federn.

Unter den Gästen befanden sich auch Frauen und Männer die Jean Paul Gaultiers weiß-blau gestreiften Matrosenanzüge trugen. Von vorne wirken sie bedeckt, aber die Rückansicht der Outfits war in transparenten Stoff gehalten, welcher mit Tattoos bedruckt wurde. Dieses Spiel mit dem verdeckten und entblößten Körper hat zum einen etwas humorvolles und zugleich auch reizvolles.

In einer weiteren Szene tanzten die Darsteller in schwarzen und neonfarbenen Schwimmanzügen und mit Flossen an den Füßen über das Parkett. Die übergroßen Fächer bewegten sie dabei synchron und zur Musik und imitierten Schwimmbewegungen, als wären sie gerade in ein Wasserbecken eingtaucht.

Die magische Inszenierung der Show berührte mich sehr und versetzte mich ebenfalls in einen Wachtraum, in dem ich am liebsten noch länger geblieben wäre.

Ich finde es sehr spannend zu sehen, wenn Modedesigner mit Tänzern und Darstellern aus dem Film oder Theaterbereich zusammen arbeiten, daher habe ich der THE ONE Show einen zweiten Teil angefügt, in dem ich euch mehr über den Designer selber erzählen möchte.

From the Sidewalk to the Catwalk

exhibition by jean paul gaultier

18 September 2015 – 14 Februar 2016
Kunsthalle – München

Die Kunsthalle München präsentierte im Zeitraum vom 18. September 2015 – 14. Februar 2016 das Werk des Modeschöpfers Jean Paul in der Wanderausstellung From the Sidewalk to the Catwalk.

Im ersten Stock der Kunsthalle wurde das Leben und Werk des Designers beleuchtet und begann mit den Inspirationsquellen des Designers aus dessen Kindertagen. Bereits als kleiner Junge ließ er sich von dem altmodischen Stil seiner Großmutter inspirieren und entdeckte so das Korsett für sich, welches er in seiner späteren Karriere als Modeschöpfer immer wieder neu erfand. Der junge Gaultier benutzte seinen Teddybär „Nana“ als Model, welchen er in ein Korsett aus Zeitungspapier kleidete und so unbewusst sein unverwechselbares Markenzeichen schuf. Gegenüber waren drei sich im Kreis drehende Büsten platziert auf denen seine Korsetts gezeigt wurden. Eines davon gefiehl mit besonders gut. Es war aus goldfarbenen Korn und Weizen mit geflochtenen Stroh und von Hand angenähten Tüll angefertigt. Die Symbiose aus pflanzlichen Dekor und hochwertigen Couturelementen zeigen seine Liebe zum Detailreichtum unter Einbringung der Natur.

   

Kornkleid. Korsett aus Weizen und geflochtenem Stroh. Kollektion: Schönheit vom Lande. Prêt-à-porter Damen. SS 2006. Sammlung Maison Jean Paul Gaultier, Paris

 

Neben diesem Entwurf stach mir noch ein weiteres Kleid ins Auge. Eine mit feuerroten Haaren besetzte Büste präsentierte ein Korsettkleid das der „Engelssprung“ hieß und aus der Haut Couture Herbst-Winter Kollektion „Black Swan“ von 2011/2012 stammt. Für das Kleid wurden mehrere Hundertmeter Satinband, welche normalerweise für Ballettschuhe benutzt werden, in feinster Handarbeit angebracht.

       

Im nächsten Raum wurden dem Besucher Gaultiers Madonnenkleider präsentiert. Ein Gestaltungselement, das mir ganz besonders gefiel, war seine Patchworktechnik, die Gaultier in mehreren Kollektionen anwendet. Die Korsetts wurden mit Ikonenbildern und Steinen versehen und bei den Nimbus wurden Fensterscheiben von Kathedralen oder Spitzentischdecken zusammen gefügt und somit neu interpretiert. Die Gestaltung der Gesichter war auch sehr spannend umgesetzt. Beamer projizierten hier Gesichter auf die Köpfe der Puppen und wurden durch gesangliche Untermalung zum Leben erweckt.

       

Der Designer ließ sich von der Meereswelt inspirieren. Ein Modell wurde als liegende Nixe präsentiert und trug ein Korsett mit Perlmutt, Muscheln und goldbesetzten Stickereien. Jedes Kleid erzählt so seien eigene Geschichte.

Gaultiers Musen haben immer etwas extravagantes und wieder sprechen zum Teil auch den typischen Schönheitsklischees. Beth Dito, Concita Wurst und Amy Winehouse trugen daher schon seine Kreationen und seine wichtigste Muse Madonna zeigte bei mehreren Shows seine Outfits.

       

In dem darauf folgenden Raum wurden Kleider mit übergroßen federnbesetzten Dekor und schwarzen Spitzen gezeigt.

Bei der Gestaltung der Stiefel mit floral interpretieren und präzise verarbeiteten Mustern, zeigt Gaultier sein Gespür für die Materialbearbeitung. Durch feinste Handarbeit und Manier bekommt der Stiefel eine hochwertige Reliefstruktur.

 

Der letzte Raum „Les mariées“ wurde durch die Brautkleider in einem weißen Meer von Stoff durchflutet. Gaultier lies sich von unterschiedlichen Kulturen inspirieren, so wurde eines der Kleider mit einer übergroßen afrikanische Maske und weißen Federn verziert und das andere erfährt eine maskuline Beeinflussung durch die Einbringung traditioneller Husarenuniform. Der Designer stellt das Traditionelle damit in den Hintergrund, indem er mit der märchenhaften Vorstellung des weißen Brautkleides bricht, und stellt die Individualität in den Vordergrund.

 

In seiner Spring-Summer 2015 Haut Couture widmet er sich daher voll und ganz dem Thema Braut und entwirft eine ganze Kollektion.

 

 

RÉSUMÉ

Es war nicht nur die vielfältige Auswahl und Zusammenstellung der Kleider, sondern auch die Art der räumlichen Inszenierung und die Darstellung von Gaultiers Werk, die die Ausstellung so besonders machten.